Mit erstellt von Katrin
»Kinder haben das Recht auf Ruhe und Freizeit, auf Spielen und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben« (Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention)
Was hat es mit dem Spielen auf sich, dass es sogar von der UN aufgegriffen und in einer Reihe neben dem Recht auf Bildung, Verbot von Kinderhandel und Schutz vor sexueller Gewalt steht? Doch bevor man sich mit der Wichtigkeit von einem Spiel beschäftigt, gilt es zu definieren, was unter »Spielen« verstanden wird.
Ähnlich wie bei der Malentwicklung hat jedes Entwicklungsniveau eigene, typische Spiele. Entwicklungspsychologen unterscheiden dabei fünf Spielformen, die meist den Entwicklungsstufen entsprechen. Manche von diesen Spielformen nutzt Ihr Kind ausschließlich in dieser Phase, andere perfektioniert es weiter über den Schuleintritt hinaus. Grundsätzlich gewinnen Spielformen im Verlauf der kindlichen Entwicklung an Komplexität.
Unter Sensomotorik versteht man alle Vorgänge, bei denen die Reize durch das Zusammenspiel von Sinnesorganen und Muskeln aufgenommen werden. Dazu gehören alle Tätigkeiten die mit Tasten, Sehen, Hören oder Greifen zu tun haben.
Bereits im Mutterleib beginnt die sensomotirische Spielentwicklung. Das ungeborene Kind hört, tastet und sammelt Eindrücke aus der Außenwelt.
Das erste Spiel des Kindes befasst sich mit der Erforschung und dem Kennenlernen des eigenen Körpers. Bereits Babys haben Freude an Bewegung. Anfangs sind die Bewegungen noch ungesteuert und werden erst durch die ständigen Wiederholungen trainiert und werden immer koordinierter (z. B. Finger in den Mund stecken oder greifen). Das Kind stimmt immer mehr die sensorische Funktionen (sehen, hören, fühlen) untereinander ab. Es entsteht ein Körpergefühl.
Nachdem Säuglinge das Greifen erlernt haben, werden die Gegenstände zum Spiel ausgewählt. So nehmen sie z. B. den Schnuller in den Mund, schmeißen Spielzeug auf den Boden oder schütteln die Rassel. Typische Handlungen dieser Zeit sind schlagen, schütteln, stoßen, ziehen, aneinenderschlagen, ausräumen oder werfen.
Ihr Kind lernt spielerisch, dass es unterschiedliche Oberflächen, Formen, Gewichte und Farben gibt. Es trainiert die sogenannte Hand-Auge-Koordination, die Fähigkeit, visuelle Reize zu verarbeiten und sich passend dazu bewegen zu können. Auch die auditive Wahrnehmung wird auf dieser Entwicklungsstufe eingeübt – das Kind lernt es z. B. zu hören, aus welcher Richtung das Geräusch einer Rassel kommt.
Das Funktionsspiel entwickelt sich mit dem Alter immer weiter.
Typische Spielzeuge für das Funktionsspiel:
Das Konstruktionsspiel ist die zweite Spielform, die ein Kind erlernt und baut auf dem Funktionsspiel auf. Nun steht nicht mehr der Gegenstand im Vordergrund. Gegen Ende des zweiten Lebensjahres bemerkt Ihr Kind, dass es mit seiner Handlung etwas bewirken kann.
Es wird nun auf ein fertiges Produkt hin gearbeitet. Von den sensomotorischen Übungen ausgehend, gelingt es Ihrem Kind etwas herzustellen. Es wird ein Ziel gesetzt und durch das eigene Tun erreicht (z. B. »Ich baue ein Haus«). Ihr Kind lernt sich zu organisieren und seine Handlungen zu planen (»Was brauche ich, um ein Haus zu bauen?«). Es braucht auch an motorischen Fähigkeiten, um die geplante Konstruktionsidee umsetzen zu können.
Natürlich ist es auch hin und wieder der Fall, dass nicht alles, was geplant wurde, genauso umgesetzt werden kann. Dies ist eine prima Gelegenheit, um mit Misserfolgen umzugehen zu lernen und sogenannte Frustrationstoleranz zu üben.
Anfangs sollte das Konstruktionsspiel ohne Vorgaben erfolgen. Ältere Kinder (ab etwa 4 Jahren) können bereits vorgegebene Bauanleitungen umsetzen, Steckbilder erstellen, einfache Faltanleitungen umsetzen oder Figuren nach Abbild herstellen.
Beispiele :
Das Rezeptionsspiel umfasst passiven Formen des Spielens. Dazu gehört das Betrachten von Bilderbüchern oder Ausstellungen, das Zuschauen vom Theater, Kino oder Fernsehen und das Zuhören von Geschichten, Musik oder Singen. Durch die neuen Informationen erweitert Ihr Kind sein Wissen, das nun als Orientierungshilfe dient. Die Identifikation mit den Akteuren schult die Wahrnehmung von sich und der Welt.
Gleichzeitig dienen diese Art von Spielen der Spannungsregulation. Viele Kinder können beim Vorlesen und Besprechen von Bilderbüchern besser entspannen und werden Ruhiger. Das Vorlesen von Gute-Nacht-Geschichten gilt ebenfalls als Rezeptionsspiel.
Als Voraussetzungen dieser Spielform zählen die Ausdauer und Fähigkeit zur Konzentration, denn kann ein Kind nicht ruhig sitzen, wird es auch nicht Informationen aufnehmen/verarbeiten können.
Das Symbolspiel beginnt ab etwa 2 Jahren und 6 Monaten. Das Kennzeichen dieser Spielform ist, dass fiktive Handlungen, also »so-tun-als-ob-Hadlungen« zu beobachten sind. Ihr Kind gibt z. B. seiner Puppe etwas zu trinken. Das Kind denkt nun nicht nur an sich, sondern auch an die Bedürfnisse anderen (in dem Fall an das Trinkbedürfnis der Puppe) und entwickelt somit Einfühlungsvermögen.
Die Voraussetzung für das Symbolspiel ist Objektkonstanz, die Fähigkeit sich einen Gegenstand zu merken, auch wenn er nicht mehr zu sehen ist. Das Kind lernt es durch das symbolische Denken den ursprünglichen Gegenstand mitsamt typischer Verhaltensweisen durch einen symbolischen Gegenstand zu ersetzen. In unserem Fall wird ein echtes Baby durch die Puppe ersetzt. Die Puppe übernimmt dabei die typischen Verhaltensweisen eines Babys – sie hat Durst, weint, möchte mit dem Kinderwagen raus.
Oft sind die Rollenspiele auf Mitspieler angewiesen. Dadurch können sprachliche und soziale Fähigkeiten trainiert werden. Es gilt mit anderen zu kommunizieren, Kompromisse zu finden und Lösungen zu finden. Je besser sich ein Kind verbal äußern kann, desto größer wird die soziale Bedeutung des Rollenspiels.
Wenn Sie merken, dass Ihr Kind kaum mit anderen spielt (z. B. Mutter-Vater-Kind), so kann es mitunter darauf deuten, dass die sprachlichen Fähigkeiten eventuell eine Unterstützung (durch z. B. Logopädie) brauchen.
Rollenspiele können einen realen oder fiktiven Hintergrund haben. Hat das Spiel einen realen Hintergrund, so können sich die Kinder mit den Erfahrungen, Rollenerwartungen und Gefühle Anderer auseinandersetzen und ihr emotionales Intellekt stärken. Hat das Spiel einen fiktiven Hintergrund, so übt sich Ihr Kind in Fantasie und Kreativität.
Vor allem durch Rollenspiele werden die traumatischen oder belastenden Ereignisse kindgerecht verarbeitet werden. Zum Beispiel die Scheidung der Eltern oder Sterben eines Verwandtes können so aufbereitet werden. Die Möglichkeiten damit umzugehen werden durchgespielt, bis das Kind eine passende Möglichkeit für sich ausgesucht hat.
Rollenspiel hört dann auf, wenn die Kinder sich Rollen endgültig ausgesucht und sich mit denen abgefunden haben. Variationen finden dann nur selten statt – es wird nur die eine ausgesuchte Rolle und damit verbundene Handlungsweise angewendet.
Idealerweise sollten wir das ganze Leben lang diese spielerische Art in die neuen Rollen zu schlüpfen und die Tatsachen auch aus einem anderen Augenwinkel zu betrachten, beibehalten. Auch die Erwachsenen können die Strategie »so-tun-als-ob« dazu nutzen andere besser zu verstehen oder neue Wege zu finden.
Regelspiele erfordern ein hohes kognitives Entwicklungsniveau. Ihr Kind muss über ein Verständnis für Regeln und die Bereitschaft, diese auch einzuhalten verfügen. Erste, ganz einfachsten Regelspiele, häufig auch Tischspiele, können Kinder ab etwa 2,5 Jahren spielen („Erster Obstgarten“, „Tempo, kleine Schnecke u. ä.).
Voraussetzung sind je nach Spiel zudem bestimmte kognitive, sprachliche, soziale, feinmotorische und/oder emotionale Kompetenzen. Die Vorschulkinder sollten den Umgang mit den Regelspielen beherrscht haben.
Solche Denkspiele erfordern eine gewisse kognitive Elastizität und geistige Flexibilität. Sobald Ihre Kinder in kognitiven Kombination geübter sind, entwickeln sie erste Strategien.
Mit dem Gefühl umgehen zu können, zu verlieren, müssen Kinder zudem in der Regel erst lernen (Frustrationstoleranz). Dabei erfahren Kinder nach einer gewissen Zeit eine Steigerung des Selbstwertes.
Was sind die Merkmale eines Regelspiels:
Bewegungsspiele machen den meisten Kindern einen Riesenspaß. Sie freuen sich an der Bewegung, an dem Erfühlen des eigenen Körpers und dem Zusammenspiel von der Motorik und dem Denken. Das Ziel des Bewegungsspiels ist die Koordination von Sinnesorganen, Verbesserung der Körperwahrnehmung und Selbststeuerung.
Die ersten Bewegungsspiele finden bereits im Funktionsspiel statt. Die Kinder lernen mit dem eigenen Körper umzugehen: Sie üben das Gleichgewicht zu halten, lernen wie viel Kraft man für bestimmte Handlungsweisen braucht, erfahren was man mit dem Körper anstellen kann.
Mit fortschreitendem Alter können die Bewegungsspiele unendlich ausgeweitet werden. Besonders profitieren davon die Kinder, die Schwierigkeiten mit dem Spielen haben: Hyperaktivität, Grenzenlosigkeit oder Ängstlichkeit.
Kinder sind aufgrund von großem Spaß mehr motiviert und können einfacher an ihren Schwierigkeiten arbeiten – die Ängstlichen trauen sich mehr. Kinder, die keine Grenzen mögen, haben eher die Bereitschaft, sich an die Regeln zu halten.
Auch die Kinder, die Schwierigkeiten in der Wahrnehmung haben (Tollpatschigkeit, Gleichgewichtschwierigkeit, visuelle Wahrnehmung) können spielerisch besser werden und haben auch noch Spaß daran.