2 Jahre - 4. Klasse
Ferienprogramm nutzen oder Pause gönnen?

Ferienprogramm nutzen oder Pause gönnen?

Mit erstellt von Katrin

FIT Start

Viele Eltern nutzen ein Ferienprogramm zum Nachholen von Lernstoff oder zum Üben. Kein Wunder, denn in den Ferien und im Urlaub hat man die Zeit und die Ruhe, um sich mit etwas zu beschäftigen, was im Alltag zu kurz kam. Viele Lernplattformen überbieten sich mit zahllosem Ferienprogramm und Übungsangeboten. Doch ist es überhaupt sinnvoll?

Was sagt die Wissenschaft dazu?

Im Jahr 1997 wurde von Gordon Shulman ein besonderes Phänomen beobachtet. Als Neurowissenschaftler untersuchte er mithilfe eines MRT die Aktivität des menschlichen Gehirns in unterschiedlichen Zuständen. Er beobachtete eine besondere Aktivität in einigen Gehirnregionen während des absoluten Ruhezustands, und das war ungewöhnlich.

Jahrelang blieb diese Entdeckung im Untergrund, da es keine plausible dafür gab. Wissenschaftliche Magazine haben diese Entdeckung gar nicht als Entdeckung gewertet und kaum publiziert.

Im Jahr 2001 führt eine Wissenschaftengruppe mit Dr. Shulman und Marcus Raichle erneut eine Studie durch. Das Ergebnis war genau dasselbe. Wenn das Gehirn keine Probleme lösen muss, ist es trotzdem nicht passiv. Vor allem bei fehlenden Informationen aus der Umwelt sind einige Gehirnregionen besonders aktiv. Zu den beteiligten Hirnregionen gehören der präfrontale CortexPraecuneus, Teile des Gyrus cinguliLobulus parietalis superior des Scheitellappens und der Hippocampus. Genau diese Regionen sind für das Lösen von Problemen verantwortlich. Dieses Phänomen nannte man Default Mode Network.

Daher liegt die Vermutung nahe, dass Menschen dann zu einer Problemlösung kommen, wenn sie sich unser Gehirn genügend Informationen bereits bekommen hat und sich im Ruhezustand befindet. Man kennt es vielleicht aus dem Alltag: eine gute Idee kommt einem wenn man im Garten arbeitet, spazieren geht oder unter der Dusche steht. Alles das sind Situationen ohne Informationsinput. Somit ist unser Gehirn auf informationsarme Zeiten angewiesen, um Ideen und Lösungen produzieren zu können.

Ferienprogramm bei Kindern?

Auch unsere Kinder werden mit Informationen zugeballert. Im Kindergarten, in der Schule, im Verein - überall möchte man etwas von ihnen und stellt Erwartungen auf. Auch Sie müssen viel aufnehmen und viel liefern. Das ist kurzzeitig sehr effizient, jedoch auf lange Sicht nicht sinnvoll.

Das Kinder viel lernen und aufnehmen brauchen sie besonders viel Zeit zum verarbeiten. Sie kennen es vielleicht auch - es war in der letzten Zeit viel los und ihr Kind trödeln nun immer mehr. Egal wie man es beeilt, es wird nicht schneller. Mehr sogar, es wird langsamer. Auch wenn alles darauf hindeutet, Ihr Kind macht es nicht, um Sie zu ärgern. Das ist ein Schutzmechanismus unseres Gehirn. Sobald es ihm zu viel wird, schaltet es sich "automatisch" ab. Man kann sich nicht konzentrieren, kaum etwas aufnehmen und wird extrem langsam.

Was ist zu tun?

Die Lösung ist einfach und schwierig zugleich - Pausen einbauen. Informationsfreie Zeiten fest einplanen. Dazu gehören

  • ein Spaziergang
  • Spielen ohne Zeitdruck solange man möchte
  • Tanzen
  • rumliegen (ohne Geräte)
  • Bücher und Magazine durchblättern, ohne zu lesen
  • Löcher in die Luft schauen
  • Malen ohne Auftrag und bestimmtes Ziel
  • nicht zielgerichtete Beschäftigung mit Kinetic-Sand, Knete
  • Beobachten einer Kugelbahn oder einer Spieluhr
  • Lavalampe, Feuerstelle, Kerzen beobachten
  • Spielen mit Haustieren
  • Schaukeln
  • Stricken oder Häkeln, wenn Ihr Kind das bereits beherrscht (das Erlernen gehört nicht dazu)
  • Baden / Duschen ohne Zeitdruck

Üben in den Ferien oder nicht?

Es wäre ideal, Ferien und Urlaub dazu zu nutzen, sich zu erholen und nicht, um alles abzuarbeiten. Das trifft für Kinder, genauso wie für Erwachsene zu. Oft ist es realistisch schwer umsetzbar. Gerade wenn ein Kind Aufholbedarf hat, ist es für viele Eltern kaum auszuhalten Nichts zu tun und "die Zeit zu verlieren". Das verstehe ich sehr gut. Doch ich möchte es Ihnen sehr ans Herz legen, wenigstens die erste Hälfte der Ferien/des Urlaubs damit verbringen Nicht zu tun, zu trödeln, zu bummeln, zu dösen und somit dem Gehirn eine Verarbeitungspause gönnen. In der zweiten Hälfte könnte man dann sanft und mit Spaß die Bildungsoffensive mit einem passendem Ferienprogramm starten. Ihr Gehirn und Gehirn Ihres Kindes werden Ihnen dafür danken!

Unglaublich, wie viel Kaffee ich bei der Erstellung dieses Inhaltes getrunken habe. Danke, wenn Du mir hilfst, meinen Tank wieder zu füllen. (Spende)

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