Mit erstellt von Katrin
Viele Eltern haben es erlebt, dass ihr Kind Unwahrheit erzählt hat. Ganz oft kommt bei Eltern Schimpfen und Beschämen als Reaktion. Sie können Ihr Kind allerdings nicht zwingen, die Wahrheit zu sagen. Viel hilfreicher ist es, wenn Sie verstehen, warum Ihr Kind lügt und ihm dabei helfen, diese Ursache zu überwinden.
Angst ist der häufigste Grund, warum Kinder Unwahrheit sagen. Sobald Kinder die ersten Ursache- Wirkungs-Mechanismen verinnerlichen, verstehen sie, dass nach einem Fehler eine Konsequenz folgt. Also ist es logisch, den Fehler zu verleugnen, um der Konsequenz zu entgehen.
In Familien, in denen Kinder härter bestraft werden, lügt ein Kind häufiger. Unter harten Bestrafung wird hier nicht nur körperliche Strafen (ein NO-GO!), Anschreien und Hausarrest, sondern auch Liebesentzug verstanden. Wenn ein Kind ignoriert wird, ist es für ihn eine ähnlich starke (seelische) Misshandlung, wie eine Kopfnuss oder eine Brüll-Attacke.
Beispiel: Ein Kind hat eine Vase zerbrochen und kehrt die Scherben unter sein Bett, um Ärger zu vermeiden.
Viele Kinder sagen die Unwahrheit, weil sie ihre Eltern nicht enttäuschen wollen. Sie verstehen die Erwartungen ihrer Eltern und auch, dass sie diese nicht erfüllen konnten. Damit fühlt es sich zunächst besser an, wenigstens den Schein zu wahren und die Enttäuschung auf später zu verschieben. Je größer der Leistungsdruck in der Familie, desto wahrscheinlicher kommt es vor.
Beispiel: Ein Kind hat die Lieblingsvase seiner Mutter zerbrochen und versteckt die Scherben, um nicht die Mutter zu enttäuschen.
Manchmal beschreiben Kinder eine Situation so, dass die Grundgeschichte der Wahrheit entspricht, aber viele Details um die Geschichte herum frei erfunden wurden. Meist sind diese Details besonders bedeutend und großartig. Diese Ursache trifft meist auf Kinder zu, die sich selbst nicht bedeutend und wichtig genug fühlen.
Beispiel: Ein Kind hat eine Vase zerbrochen und gibt es auch zu. Aber dies ist nur passiert, weil es ein armes Kätzchen retten wollte.
Wir alle betrachten eine Situation unter einem gewissen Blickwinkel. So kann es auch passieren, dass Ihr Kind nicht lügt, sondern die Situation schlicht anders auffasst. Damit ist es eigentlich gar keine Lüge, sondern ein anderes (manchmal verzerrtes) Verständnis der Situation.
Beispiel: Ein Kind hat sich ungeschickt umgedreht und zufällig die Vase gestreift. Die Vase ist umgefallen und ging kaputt. Das Kind hat allerdings die Berührung mit der Vase nicht gespürt und merkte nicht, dass sie deswegen umgefallen war. Somit streitet es ab, die Vase zerbrochen zu haben.
In manchen Situationen kann Phantasie strategisch der Verarbeitung einer kränkenden Situation dienen. Ihr Kind lügt nicht mit Absicht. Eventuell kann es die Wahrheit nicht annehmen und schafft sich eine Realität, mit der er umgehen kann.
Beispiel: Der Vater eines Kindes möchte keinen Kontakt mehr. Das Kind kann das nicht verarbeiten und erzählt sich selbst und den anderen, dass sein Vater auf einer Expedition in Antarktis ist und deswegen nicht kommen kann.
Bei jeder dieser Ursachen wäre Schimpfen und Bestrafen nicht das Richtige. Sie brauchen Geduld und Konsequenz. Und vor allem braucht man Zeit, um an der Beziehung mit Ihrem Kind zu arbeiten.
Schreien, Schimpfen und Weinen helfen Ihnen eventuell beim Dampf ablassen. Aber Ihr Kind könnte bei solchen Reaktionen Angst bekommen. Kontrollieren Sie Ihre Reaktionen auf ungünstiges Benehmen Ihres Kindes.
Wenn ein Kind weiß, dass die Reaktion eines Elternteils sehr stark ausfallen wird, versucht es eher sie zu vermeiden (=zu lügen).
Statt Ihr Kind dafür zu bestrafen, was bereits passiert ist, ist es besser, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Das heißt nicht, dass Ihr Kind keine Konsequenzen spüren soll. Das bedeutet nur, dass es eine Chance haben muss die Situation einigermaßen wiedergutzumachen.
Wenn Ihr Kind eine Vase zerbrochen hat, können Sie gemeinsam überlegen, ob man sie nicht eventuell zusammenkleben könnte. Sagen Sie Ihrem Kind, dass es nicht schlimm ist und jedem passieren kann. Allerdings kann man diese Vase kein Wasser mehr einfüllen. Man könnte Sie aber mit schönen Stöcken und bunten Blättern dekorieren.
Wenn man ein Kind nach etwas fragt, was man bereits weiß, provoziert man es unbewusst zum Lügen. Fragen Sie also lieber nicht nach der Tatsache, sondern nach Möglichkeit, mit der Tatsache umzugehen. So helfen Sie Ihrem Kind würdig aus der Situation rauszukommen.
Mutter zu Tochter: "Hast du diese Flecken auf dem Teppich gemacht?
Diese Fragestellung provoziert das Leugnen der Tatsache. Besser ist es die Tochter zu rufen und gemeinsam zu überlegen, wie man diese Flecken wieder rausbekommen kann.
Anstatt Ihr Kind bei einer Lüge zu erwischen, fragen Sie sich lieber immer wieder danach, warum Ihr Kind lügt. Fragen Sie Ihr Kind in einem ruhigen und wohlwollenden Ton, ob das tatsächlich so stimmt, oder ob es eine Geschichte sei.
"Das klingt aber nicht ganz so realistisch.... Kann das sein, dass es eine Geschichte ist? Traust du dich nicht zu sagen, was passiert ist? Ich kann dir helfen eine Lösung zu finden.
Wenn Ihr Kind etwas gesteht, was unangenehm ist, ist es eine beachtliche Leistung. Ihr Kind stellt sich dabei seinen Ängsten und nimmt Konsequenzen in Kauf. Dies ist sehr lobenswert. Es ist auch ein Zeichen des Vertrauens zu Ihnen. Besonders, wenn Ihr Kind es zugibt, gelogen zu haben.
Es muss sich für Ihr Kind "lohnen" die Wahrheit zu sagen. Wenn Ihr Kind in beiden Situationen Ärger bekommt, so lohnt es sich eher den Ärger aufzuschieben (vielleicht fällt es ja gar nicht auf?).
" Ich finde es toll, dass du es mir anvertraut hast. Es ist wichtig, dass wir darüber reden können. Es ist eine schwierige Situation, lass uns mal überlegen, was wir machen können."
Fehler gehören zum Leben dazu. Keine Fehler macht nur derjenige, der Nichts macht. Aus allen Fehlern kann man lernen und damit seinen Erfahrungsschatz erweitern. Das sind wichtige Botschaften, die Sie Ihrem Kind mitgeben sollten.
Ihr Kind wird immer wieder Fehler machen. Es ist besser, möglichst früh zu lernen, wie man damit umgeht.
"Sowas kann passieren. Wie würdest du das machen, wenn du nochmal Gelegenheit dazu hättest? Lass und zusammen überlegen, wie man in so einer Situation am besten handelt."
Ihr Kind soll wissen, dass es immer geliebt ist. Nicht nur dann, wenn es alles richtig macht, sondern auch dann, wenn sich mit seinem Benehmen und seinen Leistungen unzufrieden sind. Und selbst dann wird Ihre Liebe nicht kleiner.
Dieses bedingungslose Annehmen schafft Vertrauen und Sicherheit. Ihr Kind fühlt sich eher, den schwierigen Situationen zu stellen.
Ich liebe dich wirklich sehr und ich werde dich immer lieben. Aber es macht mich traurig, dass ..... . Was können wir machen, damit....?
Sie dürfen nie vergessen, dass Kinder uns ganz genau beobachten. Lassen Sie sich nicht bei "einer kleinen Notlüge" erwischen. Das wird Ihr Kind nie wieder vergessen und fest in sein Verhaltensrepertoire einbauen.
Eine Freundin möchte heute Abend vorbeikommen und Sie haben ausgerechnet heute wirklich keine Lust darauf. Sagen Sie nicht, dass Sie nicht zu Hause sind, wenn es nicht stimmt. Sagen Sie lieber, dass Sie den heutigen Abend bereits anders verplant haben.
Auch wenn Ihr Kind bereits häufiger lügt, ist es nicht gut es als Lügner zu bezeichnen. Entweder macht Ihr Kind das wütend und Ihre Beziehung leidet darunter. Oder Ihr Kind nimmt seinen Kosenamen und damit seine Rolle als Lügner an und die ganze Situation verschärft sich umso mehr.
Und vor allem nicht, wenn Ihr Kind dabei ist. Es ist eine Familienangelegenheit, die niemanden außerhalb der Familie etwas angeht. Sie sind stark genug, um diese Situation selbst mit Ihrem Kind zu meistern. Sie brauchen keine Ratschläge der Nachbarn, Kollegen oder Tanten.
Falls Sie sich allerdings überfordert fühlen und einen Rat brauchen, ist es besser, sich einen professionellen Rat zu holen. Das könnte eine Erziehungsberatungsstelle, Kinderarzt oder Kinderpsychologie sein.
Wenn Ihr Kind selbstbewusst ist, hat es gar nicht nötig, jemandem etwas vorzumachen. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind von eigenen Stärken überzeugt ist, sich seiner Würde bewusst ist und eine positive Einstellung zum Leben hat. Mehr zum Selbstbewusstsein Ihres Kindes in einem ausführlichen Artikel.
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