Depression bei Kindern: Symptome, Ursachen und Tipps

Depression bei Kindern: Symptome, Ursachen und Tipps

Mit erstellt von Katrin

FIT Start

Vor etwa 40 Jahren war man davon überzeugt, dass eine Depression bei Kindern nicht denkbar ist. Es wurde behauptet, dass Kinder entwicklungsbedingt noch nicht über die, für die Entstehung der Depression, notwendige Abstraktionsfähigkeit verfügen. Forschung der 80er Jahre zeigte, dass Kinder ähnliche Symptome und biochemische Vorgänge wie depressive Erwachsene aufweisen können. Heute weiß man, dass Kinder durchaus eine Depression haben können. Mehr sogar - ein Kind, das bereits eine Depression hatte, ist für sein ganzes Leben im beträchtlichen Ausmaß gefährdet erneut depressiv zu werden.

WICHTIG: Folgender Artikel wurde verfasst, damit Depressionen vermieden oder möglichst frühzeitig erkannt und behandelt werden. Aktuellen Schätzungen nach leiden etwa 2% der Kinder im Vorschulalter an Depression. Dabei bleiben 70-80% der betroffenen Kinder derzeit unbehandelt! Der Artikel soll dazu dienen, zu sensibilisieren und auf die Anzeichen zu achten. Er dient NICHT der Selbstdiagnose! Bei mehreren Anzeichen einer Depression halten Sie bitte Rücksprache mit Ihrem Kinderarzt.

Depressive Störung

Grundsätzlich ist depressive Störung durch folgende Kategorien definiert;

  • Stimmung: niedergedrückt, leer, unglücklich, traurig, reizbar
  • Kognition: Interessenlosigkeit, Konzentrationsschwierigkeit, negatives Denken, Schuldgefühle, geringes Selbstwertgefühl, Entscheidungsschwierigkeiten
  • Verhalten: langsame oder viel zu hastige Bewegungen, weinen, sozialer Rückzug
  • Körperliche Beschwerden: Schlafstörungen, Müdigkeit, verminderter oder gesteigerter Appetit, Gewichtsverlust oder -zunahme, Verdauungsstörungen, Schmerzen

Diese Kategorien gelten hauptsächlich für Erwachsene. Jedoch wurden aus diesen Kategorien  Diagnostikkriterien für Kinder und Jugendlichen abgeleitet.

Hauptsymptome einer Depression bei Kindern:

  1. Depressive Verstimmung  oder Reizbarkeit fast den ganzen Tag.
  2. Deutlich vermindertes Interesse oder Freude an (fast) allen Aktivitäten fast den ganzen Tag.

Darüber hinaus müssen mindestens vier folgender Symptome vorhanden sein:

  1. Appetit vermindert oder gesteigert oder deutlicher Gewichtsverlust ohne Diät oder Gewichtszunahme. Bei Kindern vor allem - Ausbleiben der erwarteten Gewichtszunahmen.
  2. Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf.
  3. Durch andere beobachtbare psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung.
  4. Müdigkeit oder Energieverlust.
  5. Gefühle von Wertlosigkeit oder unangemessene Schuldgefühle.
  6. Verminderte Denk- oder Konzentrationsfähigkeit oder verminderte Entscheidungsfähigkeit.
  7. Wiederkehrende Gedanken an den Tod, wiederholte Suizidvorstellungen ohne genauen Plan, tatsächlicher Suizidversuch oder die genaue Planung eines Suizids. (eher bei Jugendlichen, aber auch bei Kindern vorhanden).

Depressive Störung unterscheidet sich in dem Schweregrad, je nach Dauer und Intensität.

Alterstypische Symptome:

bis 12 Monaten: exzessives Schreien, Schlafstörungen, Futterstörungen

1-3 Jahre: Vermehrtes Weinen, erhöhte Empfindlichkeit, Spielunlust, gestörtes Essverhalten, Ausdrucksarmut

4-6 Jahre: Passivität, wenig spontane Bewegungen, Ängstlichkeit, Appetitlosigkeit, introvertiertes Verhalten, aggressives Verhalten

7-12 Jahre: Zukunftsangst, generelle Ängstlichkeit, (Ein-) Schlafstörungen, Berichte über Traurigkeit, suizidale Gedanken.

Da Symptome einer Depression recht unspezifisch sind, ist es wichtig organische Ursachen dieser Symptome auszuschließen. Diese können sein:

  • Vitaminmangel (vor allem Vitamin A, B6, B12)
  • Vorliegen einer anderen psychischen Störung wie Anpassungsstörung, Angststörung, Somatisierungsstörung oder posttraumatische Belastungsstörung.
  • Reaktion auf Verlust oder Trauma
  • hormonelle oder Blutkreislauf-Störung
  • Nebenwirkungen von Medikamenten
  • Entzugserscheinungen

Ursachen von Depression bei Kindern:

1. Familiäre Faktoren

Kinder depressiver Eltern ein bis zu sechsmal höheres Risiko an einer Depression zu erkranken. Aber auch andere psychische Störungen der Eltern erhöhen dieses Risiko. Zum einen spielt Genetik dabei eine große Rolle. Die Gene regulieren möglicherweise Mechanismen, die Anfälligkeit für Depression erben. Eventuell vererben Eltern auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, die Depression wahrscheinlicher machen. Zum anderen sind Kinder depressiver Eltern oder Elternteils auch zusätzlich weiteren Stressoren ausgesetzt, die mit Depression zusammenhängen. Auch negative kognitive Denkweisen und geringe Selbstachtung, die Vorläufer der Depression, können Kinder von ihren Eltern übernehmen.

Beispiel: Wenn die Eltern sehr pessimistisch eingestellt sind, alles persönlich nehmen und gleichzeitig sich für alles Verantwortlich fühlen, werden sie es ihrem Kind bewusst oder unbewusst weitergeben. Ein Kind in solcher Familie wird es schwer haben, zu lernen Verantwortung abzugeben und mit Kritik konstruktiv umzugehen. Folglich nimmt das Kind die Schuld für jede Niederlage auf sich und ist gefährdet in Depression zu verfallen.

Die depressive Erkrankung der Mutter während der Schwangerschaft könnte auch Auswirkungen könnte sich auch auf die Anfälligkeit des zukünftigen Kindes auswirken. Dies hängt damit zusammen, dass der durch Depression gestörter Hormonhaushalt der Mutter die optimale Versorgung des Embryos negativ belasten kann (aber nicht muss!).

Auch familiäre Interaktion ist ein erheblicher Faktor. Eltern-Kind-Beziehung depressiver Kinder ist durch wenig Wärme, vermehrte Feindseligkeit, Zurückweisung und geringere Kommunikation ausgezeichnet.

2. Kognitive Faktoren

Bestimmte Denkweisen führten vermehrt zu einer depressiven Verstimmung. Diese sind:

  • Überzeugung, dass man hilflos ist und keinen Einfluss auf die unmittelbare Umwelt ausüben kann.
  • Die Schuld an Misserfolgen wird sich persönlich zugeschrieben, während Erfolge als zufällige Komponente betrachtet werden.
  • Negative Triade: negative Einstellung zu sich selbst, zur Umwelt und zur Zukunft.
  • Geringes Selbstwertgefühl, ein Produkt der wahrgenommenen eigenen Kompetenzen in unterschiedlichen Bereichen.
  • Überzeugung, dass man alles kontrollieren könnte.

3. Lebensereignisse

Kinder, die an Depression leiden, haben häufiger (mindestens zwei) Verluste erlebt. Genaue Mechanismen und Einflussfaktoren sind bei Kindern noch nicht erforscht.

Intervention

Es gibt eine Reihe an Interventionen, die bereits im Kindesalter eingesetzt werden.

Am häufigsten eingesetzte Intervention ist die kognitive Therapie. Sie zielt darauf ab, depressiven Kindern dabei zu helfen, ihre negativen Gedankengänge zu durchbrechen, sich selbst besser zu kontrollieren, besser entspannen zu können und adäquat auf Probleme zu reagieren.

Psychoanalytische Therapie wird bei Kindern im Rahmen einer Spieltherapie angeboten. Diese soll den Kindern erleichtern, Themen auszudrücken, die schwer in Worte zu fassen sind. Neben dem Ausdruck von bisher unterdrückten oder nicht wahrgenommenen Gefühlen, kann das Kind gestalterisch tätig werden. Dies wirkt sich positiv auf sein Selbstbild aus.

Familientherapie bietet auch eine gute Möglichkeit, weil das ganze Familiensystem mit integriert wird.

Zur Prävention einer Depressions bei Kindern mit erhöhtem Risiko gibt es ebenfalls einige Programme. Zielgruppe sind dabei Kinder aber zum Teil auch Eltern. Kinder sollen lernen persönliche Ziele zu setzen, Pläne diszipliniert umzusetzen, Sicherheit zu erlangen, soziale Kompetenzen trainieren. Eltern wird dagegen vermittelt, wie man das Familienleben langfristig verändern muss, um den Ausbruch zu verhindern.

Was kann man tun, um Risiken von Depression bei Kindern zu senken?

  • Trösten Sie Ihr Baby/Kleinkind, wenn es schreit. Ein kleines Wesen kann sich noch nicht selbst regulieren. Wenn ein Kleinkind schreit, so kommt es mit seiner Situation nicht zurecht und ist überfordert. Schreien trainiert nicht die Lunge (wie es in einigen alten Erziehungsratgebern steht), Schreien führt dazu, dass das Kind es lernt, dass seine Wünsche nicht berücksichtigt werden und sein Drängen nach Aufmerksamkeit ignoriert wird. Trösten Sie Ihr Kind, so kann es sich erstens in Zukunft besser regulieren. Zweitens, das Kind weiß, dass seine Handlungen Erfolg haben (sein Rufen wird gehört) und drittens schafft es Vertrauen in der Eltern-Kind-Beziehung.
  • Zeigen Sie Empathie und Anerkennung. Selbst wenn Sie gerade negative Konsequenzen für das unangemessene Verhalten Ihres Kindes ziehen müssen. Zeigen Sie Verständnis für Motive Ihres Kindes. Seien Sie konsequent und trotzdem emotional nah. Zum Beispiel: "Ich verstehe, dass du jetzt noch gerne weiter spielen würdest. Als ich so alt war wie du, habe ich auch sehr gerne lange gespielt. Aber jetzt ist Schlafenszeit und wir müssen uns bettfertig machen. Putzt du deine Zähne mit der normalen oder mit der elektrischen Zahnbürste?"
  • Fördern Sie die Bewegung Ihres Kindes.  Bei Sport erlernt Ihr Kind Selbstwirksamkeit (Überzeugung, dass seine Handlungen zu einem erwünschten Ergebnis führen), schüttet Glückshormone aus, erlernt viele Handlungsabläufe (was wiederum Selbstwert-steigernd ist) und reguliert sich durch die Bewegung. (Was tun, wenn das Kind sich nicht bewegen möchte?)
  • Kuscheln Sie mit Ihrem Kind. Beim Kuscheln wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet. Es unterstützt prosoziales Verhalten, Vertrauen und verstärkt die Bindung. Zusätzlich senkt es Aggressionsbereitschaft, Stress und Angst.
  • Achten Sie auf Ihre eigene Grundstimmung. Ihr Kind übernimmt Ihre Denkweisen und Stimmungen. Sind Sie andauernd gestresst mies gelaunt, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn Ihr Kind quängelt.